Bild vom Kind
In meiner pädagogischen
Haltung sehe ich das Kind als gleichwürdigen Beziehungspartner mit einer
eigenständigen Persönlichkeit, eigenen Bedürfnissen und einer individuellen
Lebenssituation. Deshalb richtet sich mein Ansatz nach der
Bedürfnisorientierung.
Mir ist wichtig, dass sich
die Kinder, aber auch die Eltern, bei mir wohlfühlen und wir uns auf Augenhöhe
begegnen mit einer Grundhaltung von Achtung, Respekt und Wertschätzung.
Ich
gehe davon aus, dass Kinder intrinsisch - also aus sich heraus - motiviert
lernen. Sie möchten selbstständig handeln und ihr Leben gestalten. Jedes Kind
hat seinen eigenen Entwicklungsstand und eigene Interessen.[1]
Dies zu erkennen und sie abzuholen, wo sie stehen, sehe ich als meine Aufgabe
zur individuellen Förderung und Betreuung.
Mir ist wichtig die Kinder in
ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen, damit sie die Welt entdecken können.
Dabei steht der Leitsatz meines Berufes als Ergotherapeutin in meinem Fokus „vom Behandeln zum Handeln“.
[1]
vgl. Wedewardt, L. /Hohmann, K. (2021); Kinder achtsam und bedürfnisorientiert begleiten; Freiburg im Breisgau, Verlag Herder GmbH; S.15-17
Der Bedürfnisorientierte Ansatz
Die Bedürfnisorientierung ist
eine Haltung und kein Konzept oder Erziehungsstil. Sie sieht jeden Menschen,
egal ob groß oder klein, als gleichwertigen Teil der Gemeinschaft.
Bedürfnisorientiert heißt,
sich auf die Bedürfnisse der Kinder einzustellen, diese ernst zu nehmen und ihre
Grenzen zu wahren. Sie werden in Entscheidungen miteinbezogen (Beziehungspartnerschaft).
Vordergründig geht es dabei
nicht um Bildung und Erziehung, sondern darum miteinander in Beziehung zu sein.
„Jeder Mensch, in der kleinen Gemeinschaft darf sein und muss nicht werden.“[1]
Alle können von allen lernen. Jeder soll sich gehört fühlen. Durch die Wahrung
der unterschiedlichen Bedürfnisse entstehen Bildung und Erziehung von ganz
alleine.
Die Grundpfeiler der
Bedürfnisorientierung sind: Gefühle, Bedürfnisse und Grenzen.
Gefühle
Gefühle haben für die Kinder immer einen Grund, auch wenn wir als Erwachsene diesen zunächst nicht nachvollziehen können. Es gilt dies zu respektieren, damit die Kinder sich angenommen fühlen. Entgegen der landläufigen Meinung sind Gefühle grundlegend nicht schlecht oder gut. Sie werden es erst, durch die Bewertung der Erwachsenen. Wut und Spaß haben für Kinder eine gleiche Wertigkeit und müssen aus diesem Grund von der Bezugsperson auch gleichwertig angenommen und integriert werden. Somit ist es die Aufgabe der Bezugspersonen die Gefühle wahrzunehmen, zu benennen und die Kinder adäquat durch die Gefühle zu begleiten.[2]
Bedürfnisse
Zunächst einmal gilt es zwischen Bedürfnissen und Wünschen zu unterscheiden. Alle Menschen haben die gleichen menschlichen Bedürfnisse, unabhängig ihres Alters, ihrer Herkunft, Religion oder Kultur. Dabei definiert der amerikanische Psychologe Abramham Harold Maslow mit seiner Bedürfnispyramide recht genau die menschlichen Bedürfnisse, denen auch Kinder unterliegen. Ein typisches Beispiel ist Durst.
Ein Wunsch hingegen kann auf
ein Bedürfnis zurückgeführt werden, muss er aber nicht. Ein Beispiel wäre: Ein
Kind hat Durst (Bedürfnis) und möchte aus dem einen bestimmten Becher trinken
(Wunsch).
Der bedürfnisorientierte
Ansatz bedeutet also nicht, den Kindern jeden Wunsch zu erfüllen, sondern viel
mehr das Bedürfnis dahinter zu erkennen und dieses zu befriedigen. Dies
schließt die Erfüllung des Wunsches nicht grundlegend aus, setzt diese aber
auch nicht voraus. Eine besondere Herausforderung liegt darin die Bedürfnisse
des einzelnen mit den Bedürfnissen der Gruppe überein zu bringen.[3]
Grenzen
Der deutsche Philosoph Immanuel Kant schrieb bereits im 18. Jahrhundert: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“ Grenzen beginnen dort, wo die eigenen Bedürfnisse missachtet werden. In der Kindertagespflege liegt die Herausforderung darin, die individuellen Grenzen aller Beteiligten zu achten. Damit Kinder lernen Grenzen zu achten, ist es wichtig, sie zu benennen und klar zu kommunizieren.[4]
[1]
zit. Wedewardt/Hohmann 2021; S.12
[2]
vgl. Wedewardt/Hohmann 2021; S.41-58
[3]
vgl. Wedewardt/Hohmann 2021; S.59-70
[4]
vgl. Wedewardt/Hohmann 2021; S.71-78
[5]
vgl. Wedewardt/Hohmann 2021; S.92